Unsere Stadtpfarrkirche St. Jakob
Es gibt Hinweise darauf, dass schon im späten 13. Jahrhundert – also nur wenige Jahre nach der Gründung Friedbergs – von einer Kirche mit dem Namen St. Jakob auszugehen ist. Doch mehr als die bloße Existenz ist unbekannt. Fakt jedoch ist, dass diese alte Kirche in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1632 schwer angeschlagen wurde, und dass die Arbeiten zur Erneuerung nur zögerlich aufgenommen wurden – erst 1713, also ganze 81 Jahre später, waren allein die Restaurierung des baufälligen Chores abgeschlossen. Noch während dieser Reperaturen wandten sich 1700 die Friedberger Stadträte an den Kurfürsten Max Emanuel und baten ihn, den Kirchturm zu erhöhen. Als Grund wird angeführt, dass die Bürger „…das gleith (Glockengeläut) in den Gottsdienst nit hörn khönnen.“ Als Material wurden 75000 Mauerziegel benötigt, die den Turm auf die Höhe von 232 Fuß (ca. 75 m) brachten.
Diese Maßnahme sollte gut 160 Jahre später zu einer Katastrophe führen. Der Augenzeuge Antonius von Steichele berichtete: „Da geschah es am 2. März 1868 Nachmittags (um) 3 ½ Uhr, dass die unteren Mauerschichten unter dem Drucke von oben aus einander wichen, und der Turm in sich selbst zusammenfiel. Die Kuppel neigte sich nördlich, stürzte mit dem Oberbaue des Thurms auf das Presbyterium, durchschlug Dach und Decke desselben und ergriff mit schwerer Beschädigung auch das Mittelschiff. Glücklicher Weise nahm kein Mensch an Leben und Gliedern Schaden; eine Viertelstunde später aber hätte sich die Kirche dem Volke geöffnet, für welches um 4 Uhr eine Fasten-Andacht würde begonnen haben.“
Nach dem verheerenden Kirchturmeinsturz war nach einer längeren Planungszeit und nachdem die Finanzierung gesichert war, im Frühjahr 1871 mit dem Neubau der Kirche begonnen worden. In diesen Jahren von 1868 bis 1873, in denen der Pfarrei eine eigene Kirche fehlte, merkte man erst, wie wichtig eine Pfarrkirche nicht nur für die Pfarrgemeinde, sondern für die ganze Stadt ist. Man war bei den armen Schulschwestern am Eisenberg, später im Rathaus und zuletzt in einem der Pfarrei gehörigen Stadel im Pfarrgarten notdürftig untergekommen, um die Werktagsgottesdienste feiern zu können. Am Sonntag ging man nach Herrgottsruh, da das Provisorium doch zu klein war. So wurde der Tag sehnsüchtig erwartet, an dem die Pfarrgemeinde wieder in eine Pfarrkirche einziehen konnte.
Der Neubau war rasch vorangekommen. 1871 konnten vor Wintereinbruch schon der Dachstuhl aufgesetzt und der Innenraum notdürftig durch ein Bretterdach geschützt werden. 1872 waren die Säulen im Innenraum gesetzt und war der Turm vollendet worden. Der Rohbau hatte bisher die gewaltige Summe von 93 000 Gulden gekostet. 1873 konnte bereits mit dem Innenausbau begonnen werden. In den Sommermonaten hatte der bekannte Historienmaler Ferdinand Wagner aus Augsburg das Apsisfresko und die Fresken am Gurtbogen der Apsis gemalt, der Friedberger Maler Ferdinand Schweighardt hatte die Vergoldungsarbeiten und die Arabeskenmalereien im Chorraum ausgeführt. Leider sind heute davon nur noch Wagners Fresken in der Apsis erhalten, – und auch diese sind verunstaltet.
In der Woche vor der Einweihung waren rechtzeitig die vier neuen Glocken aus der Glockengießerei Johann Hermann in Memmingen gekommen und am Donnerstag auf den Turm gezogen worden. Schon am Kirchweihsamstag, dem 18. Oktober 1873, begannen dann die Feierlichkeiten. Am Nachmittag wurde die neue Kirche von Stadtpfarrer Johannes Schneider im Auftrag des Augsburger Bischofs Pankratius für den gottesdienstlichen Gebrauch benediziert. Anschließend wurde eine feierliche Vesper gehalten. Die Hauptfeierlichkeiten fanden am Kirchweihsonntag statt. Um 8 Uhr hielt Stadtpfarrer Schneider nochmals im Pfarrstadel eine Dankpredigt. In feierlicher Prozession trug er dann das Allerheiligste in die neue Kirche hinüber. Dabei läuteten zum letzten Mal die alten Glocken, die nach dem Kirchturmeinsturz 1868 aus dem Schutt gerettet, wiederhergestellt und im Pfarrgarten provisorisch aufgestellt worden waren. Hierauf fand die erste Predigt und anschließend ein levitiertes Hochamt in der neuen Kirche statt.
Wenn auch in den folgenden Jahren bis zur endgültigen Fertigstellung und Weihe durch den Bischof 1881 noch zahlreiche Behinderungen durch Arbeiten im Chor und im Kirchenschiff eintraten, die Friedberger waren froh und dankbar, dass sie wieder eine Pfarrkirche hatten.
Dr. Hurbert Raab
Adresse
St.-Jakobs-Platz
86316 Friedberg