"Gott denkt nicht in Erfolgskategorien"

Bischof Bertram feiert Festgottesdienst in St. Jakob mit Herzog-Georg-Semmelspende zum Abschluss der "Friedberger Zeit"

Alle drei Jahre wird im Friedberger Altstadtfest die barocke Vergangenheit der Gemeinde groß gefeiert. Beim Festgottesdienst in Erinnerung an die „Herzog-Georg-Semmelspende“ verwies Bischof Bertram auf überraschende Parallelen zwischen Damals und Heute – und betonte, dass auch und gerade schwierige Jahre eine „Zeit der Aussaat“ seien.

Die vollbesetzte Stadtpfarrkirche St. Jakob gab ein buntes und farbenfrohes Bild ab, war es doch für viele Friedbergerinnen und Friedberger eine Selbstverständlichkeit, während des zehntägigen Altstadtfestes auch gewandtechnisch ganz in den Barock einzutauchen. Dass ein tiefes Verständnis für die Zustände in der Vergangenheit auch für die Schriftauslegung von Vorteil sei, zeigte Bischof Bertram in seiner Festpredigt anhand der Parabel des Sämanns im Evangelium, der nur scheinbar planlos seine Körner verteile. Die Felder im Israel zur Zeit Jesu hätten tatsächlich ganz anders ausgesehen: „Zwischen Steinen und Geröll gab es erdige Stellen, die aber erst bei Regen sichtbar wurden. Da zur Zeit der Aussaat alles ausgetrocknet ist und damit gleich aussieht, muss der Sämann nach dem ‚Gießkannen-Prinzip‘ vorgehen: Verschwenderisch verteilt er den Samen, um überhaupt etwas ernten zu können.“

Erst zum Zeitpunkt der eigentlichen Ernte habe sich dann gezeigt, wo der Samen überhaupt habe aufgehen können. Misserfolge waren dabei vorprogrammiert, doch sei umgekehrt auch eine Ernte an ganz unerwarteten Stellen möglich gewesen. Für Bischof Bertram zeige dieses Gleichnis vor allem eines: „Eine Kategorie, in der Gott nicht denkt, ist Erfolg.“ Selbst Jesu Lebensgeschichte stelle keine Erfolgsgeschichte dar, seine Worte und Taten seien nicht immer auf fruchtbaren Boden gefallen: „Das entlastet, es tröstet.“ Es sei aber auch eine Aufmunterung nicht nur in der Seelsorge, sondern auch im alltäglichen Leben eines Christen, offen und sensibel zu bleiben für die „Zufälle des Heiligen Geistes“, ja die „Überraschungen Gottes“.

Wie könne heute eine solche Aussaat aussehen? „Die freudige Botschaft vom Reich Gottes allen anbieten, das ist die Mission der Kirche, die uns alle angeht“, so der Bischof: Als Christin oder Christ müsse man sich mit Gottes Wort beschäftigen, ihm nachspüren, darüber ins Gespräch kommen und freudig Zeugnis ablegen für Jesus Christus, der Wort und Brot zugleich sei. Freilich sei dies aber in den krisenbewegten Zeiten, in denen Kirche und Glaube sich im Moment befänden, nicht immer einfach. „Die Aufarbeitung und Prävention in Sachen Missbrauch wird dauerhaft als bleibende Anforderung bestehen; die Schwere der Schuld und das verursachte Leid sitzt tief und schmerzt als mahnender Stachel im Leib Christi“, während sich über gesellschaftliche wie innerkirchliche Fragen immer weitere Gräben innerhalb der Kirche herausbildeten.

Und doch: Bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert, also jener Zeit, die noch zur „Friedberger Zeit“ des Altstadtfests gehöre, seien Kirche und Glaube einem schweren Stand ausgesetzt gewesen, und auch heute sei sie entgegen anderslautenden Zeitungstiteln nicht „dem Untergang geweiht“, so Bischof Bertram. „Wir brauchen uns als Kirche weder zu verstecken noch uns selbst aufzugeben“ – sei die Kirche doch an so vielen Orten karitativ präsent und leiste in so vielen Einrichtungen, Fachbereichen und Verbänden tagtäglich viel Gutes. Keine Zeit also für Selbstmitleid: „Zeigen wir Präsenz und säen wir aus – das ist uns aufgetragen. Wir leben mehr denn je in einer ‚Zeit der Aussaat‘!“

Am Ende des Festgottesdienstes segnete der Bischof die von den drei Friedberger Stadtbäckern gespendeten Semmeln, die im Anschluss an die Gottesdienstbesucher ausgeteilt wurden. Damit wurde an die Semmelspende Herzog Georgs des Reichen von Bayern-Landshut angeknüpft, der 1495 eine Stiftung einrichtete, die bedürftige Friedbergerinnen und Friedberger alljährlich mit Kleidung versorgte und eben einmal im Jahr mit einer Semmelspende. Damals wie heute ein klares Zeichen: „Wir sind eine Gemeinschaft und wollen in unserm Handeln solidarisch miteinander sein. Indem wir miteinander das Brot teilen und essen, schaffen wir Beziehung untereinander.“

Das Friedberger Altstadtfest wurde 1989 zum ersten Mal gefeiert und bezieht sich auf die barocke Vergangenheit der Stadt, die trotz der nahezu totalen Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg in den rund 150 Jahren danach auch dank des blühenden Uhrmacherwesens eine große Blütezeit erlebte. Während der zehn Festtage wird dabei das Augenwerk vor allem auf das traditionelle Handwerk gelegt, während Vereine und Gruppierungen der Stadt sich in vielfältiger Form etwa als Zöllner, Musikanten oder Nachtwächter einbringen.

Quelle: Bistum Augsburg

Die Predigt von Bischof Bertram im Wortlaut zum Nachlesen finden Sie hier.

Bilder vom Pontifikalamt und der Semmelspende

Fotos: Franz Muhr und Julian Schmidt/pba