Ökumenische Gemeindefahrt nach Dresden

Der Gute Hirte und St. Jakob sind vom 16. bis 20. Juni unterwegs - und hier können Sie das Reisetagebuch nachlesen

Die sächsische Landeshauptstadt war diesmal das Ziel der ökumenischen Gemeindefahrt. Nach Lutherstadt Wittenberg, die wir im Nachklang zum Reformationsgedenkjahr besuchten, der Tour von Dom zu Dom an Rhein und Lahn, war heuer Dresden und Umgebung dran. Wenn nicht gerade eine Pandemie dazwischenkommt, versuchen die evangelisches Gemeinde Der Gute Hirte und die katholische Gemeinde St. Jakob sich alle zwei Jahren gemeinsam auf den Weg zu machen. Die Fahrten, die in vertraut guter Weise der christliche Reiseveranstalter Tobit aus Limburg organisiert, und von Monika Göppel (ev. Gemeinde) und P. Steffen Brühl (kath. Gemeinde) geleitet werden, sollen zuallererst die Teilnehmer/innen aus beiden Gemeinden einander näher bringen. Das Reiseziel ist dabei so gewählt, dass wir jede Konfession immer etwas besser kennenlernen.

Welche ökumenischen Erkenntnisse brachten uns Dresden und Umgebung?

Hier muss auf jeden Fall die Frauenkirche erwähnt werden. Ihr Wiederaufbau 1994-2005 ist als ein christliches Zeichen zu verstehen in einer Stadt, in der gerade mal 20% Christen leben. Zerstört wurde die Frauenkirche während des „Moral Bombing“ der Alliierten 1943. Durch einen geschickten Schachzug vor dem völligen Abriss in der der Zeit der SED-Diktatur bewahrt, steht sie jetzt mitten in der Dresdner Altstadt als Symbol für das neue Deutschland, für die Demokratie und die Freiheit und erinnert an die Emanzipation der Bürgerschaft, an die Reformation Martin Luthers und ist heute ein Zentrum der Spiritualität, des Gebets und der Musik. Die Frauenkirche hat uns auf unserer Fahrt daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir uns unserer christlichen Wurzeln bewusst bleiben, die uns eine ethisch-moralische Richtschnur durchs Leben geben, ohne die uns der Zugang zu Kunst und Kultur sehr erschwert würde und die uns davor bewahren können, die Fehler der Vergangenheit wieder zu begehen.

Wir lernten von August dem Starken, dass man die Konfession nicht nach dem Wind des Eigennutz hängen sollte und gleich welche Konfession er gerade mal nachhing, keine hätte seine Lebensführung und seinen würdelosen Umgang insbesondere mit Frauen gutheißen dürfen.

Die Zisterzienserinnen vom Kloster Marienstern in der Oberlausitz beeindruckten uns durch ihre strenge Lebensform, viel mehr aber noch durch ihre Beharrlichkeit. Seit 1248 leben in der Abtei ununterbrochen Schwestern. Kein Krieg, keine Krise, keine Katastrophe der letzten 775 Jahre konnte das Ordensleben dort auslöschen. Das beeindruckte uns sehr, genauso wie die Aufgaben, die sich die Schwestern gestellt haben: sie verstehen ihr Kloster spirituelles Zentrum für die Sorben, wo die sorbische Sprache, die die sorbische Kultur, die sorbische Traditionen und auch der Glaube gepflegt werden. Was uns ebenfalls sehr beeindruckte, war das Engagement der Abtei in der Behindertenhilfe. Die Schwestern bieten rund 150 Menschen mit Behinderung Gemeinschaft, Wohnung, Arbeit und mit der Förderschule auch Schulbildung.

Das Schloss Rochlitz gehört nicht zu den Sehenswürdigkeiten, die in dem Buch „111 Orte in Sachsen, die man gesehen haben muss“ einen besonderen Platz erhalten. Eigentlich wollte August der Starke diese in der Unterhaltung teure burgähnliche Anlage abreißen. Er tat es nicht, so blieb das Schloss weiter ein Witwensitz und wurde später Behördensitz, heute ist es ein Museum. In der stattlichen Reihe der Witwen, die dort lebten, ist eine für unsere ökumenische Gemeindefahrt besonders bedeutsam: Elisabeth von Hessen. Sie lebte von 1537 bis 1547 auf Schloss Rochlitz.

Elisabeth hatte einen ungestümen Charakter, den man der fehlenden Erziehung in der Kindheit zurechnete. Bereits mit drei Jahren wurde sie dem damals sieben jährigen Johann Erbprinz von Sachsen zur Frau versprochen. 1515 heirateten beide, Elisabeth war 13 Jahre alt. Mit 35 Jahren wurde sie Witwe und zog von Dresden nach Rochlitz. Außerdem erhielt sie – nach einigen Streitereien – das Gebiet ums Schloss zur Verwaltung und zum Nutzen.

Nun kommt das, weswegen sie für uns interessant ist: Elisabeth führte 1537 in ihrem Gebiet – sie wird nun Elisabeth von Rochlitz genannt – die Reformation ein. Und begibt sich in Konfrontation mit ihrem Schwiegervater, der für Sachsen am Katholizismus festhielt. Ihr Bruder, Landgraf Philipp I. von Hessen, schickte ihr sofort einen evangelischen Prediger. Außerdem trat Elisabeth dem Schmalkaldischen Bund bei, dem Verteidigungsbündnis der protestantischen Landesfürsten. Sie war die einzige Frau in diesem Bund. In der Herrschaft Rochlitz errichtete sie protestantische Strukturen und setzte einen Superintendenten (so etwas wie ein Regionalbischof oder Regionaldekan) ein.

Elisabeth führte eine unwahrscheinlich umfangreiche Korrespondenz mit den Herrschenden der damaligen Zeit und legte mit ihren Briefen auch den Grundstein für die Reformation in ihrem Land. Moritz von Sachsen, seit 1541 Herzog von Sachsen, war den protestantischen Gedanken durchaus zugewandt, was er Elisabeth zu verdanken hatte, die – selbst kinderlos – den jungen Moritz aufgezogen hatte. Aber im Schmalkaldischen Krieg kämpfte Moritz noch auf katholischer Seite. Elisabeth hingegen war damit beschäftigt, die protestantischen Fürsten mit kriegswichtigen Informationen über den Feind auf dem Laufenden zu halten. Die katholische Seite unter Kaiser Karl V. gewann. Moritz warf Elisabeth aufgrund ihrer Spionagetätigkeit Hochverrat vor. Sie musste 1547 Sachsen verlassen und zog zurück nach Hessen, wo sie 1557 starb.

Elisabeth wird mit vollem Recht eine der „wirkmächtigsten Frauen des Reformationszeitalters“ genannt. Und diese starke Frau, die das offene Wort pflegte und mit ihrer Meinung nicht hinter den Berg hielt, die geschickt und mit Konsequenz dem Teil Sachsens, den sie beherrschte die Reformation brachte, die mit diplomatischem Fingerspitzengefühl ein internationales Netzwerk aufbaute und unter Lebensgefahr ihre Bundesgenossen im Schmalkaldischen Krieg mit Informationen versorgte, die maßgeblichen Anteil daran hatte, dass Sachsen protestantisch wurde, die mussten wir unbedingt kennenlernen.

Das wichtigste Ziel unserer ökumenischen Gemeindefahrt wurde aber voll und ganz erreicht: die Teilnehmer/innen sind sich ein ganzes Stück näher gekommen und haben ihren Mosaikstein zur Einheit der einen Kirche Jesu Christi dazugelegt.

Reisetagebuch

Freitag, 16. Juni 2023

Anreise nach Dresden, Friedenswort & Orgelklang in der Frauenkirche, Führung in der Frauenkirche

Um 6.30 Uhr versammelte sich unsere ökumenische Reisegruppe vor der Herrgottsruh-Kirche, bereit zum Aufbruch ins Elb-Florenz. Eine kurze Frühstückspause mit Butterbrezn und Kaffee, dann ging es weiter nach Reinsdorf in der Nähe von Zwickau, wo die Gaststätte „Erholung“ mit landestypischen Gerichten uns zur Mittagspause erwartete.

120 km trennten uns noch von Dresden, aber ein endlos erscheinender Stau, erschwerte die Weiterfahrt. Letztlich kostete es uns eine halbe Stunde, was zu verschmerzen war.

Im Hotel „Am Terrassenufer“ angekommen, konnten wir dank der perfekten Organisation der Rezeption ohne weiteres unsere Zimmer beziehen. Der Ausblick von den oberen Etagen über die Neue Synagoge und die Kunstakademie zur Kuppel der Frauenkirche bildete einen reizvollen Kontrast zur in Beton gegossenen sozialistischen Realität.

Nach einer kurzen Erholungspause ging es weiter zur Frauenkirche. Beim Abendgebet mit Orgelklang konnten wir von der 1. Empore aus den Kirchenraum auf uns wirken lassen, bevor wir bei der Kirchenführung die wechselhafte Geschichte der Kirche erläutert bekamen. Sie war in den verheerenden Bombennächten um den 13. Februar 1945 zwar nicht stark getroffen worden, jedoch die extrem hohe  Temperaturen der brennenden Altstadt Dresdens brachten die Sandsteinkirche letztlich zum Einsturz.

Die Denkmalschützer der DDR konnten das Regime davon abbringen, die Kirche – oder besser das, was von ihr noch vorhanden war – abzureißen und die Schuttmassen zu entsorgen, indem sie zum Antifaschistischen Mahnmal erklärt wurde.

1989, nachdem die Friedliche Revolution den realexistierenden Sozialismus zur Selbstaufgabe gebracht hatte, gründete sich ein Komitee mit dem Ziel des Wiederaufbaus der Frauenkirche.

Dieser Wiederaufbau wurde zum internationalen Versöhnungswerk. Mehr als 80 Länder der Welt beilegten sich daran. Besonders die Partnerschaft mit der englischen Stadt Coventry ist bis heute durch das in der Frauenkirche stehende Kreuz sichtbar. Bei dem verheerenden deutschen Luftangriff am 14. November 1940 wurde Coventry in Schutt und Asche gelegt. Auch die mittelalterliche Michaelskathedrale wurde dabei zerstört. Noch weitere zweimal griff die Luftwaffe im April 1941 und im August 1942 die Stadt an. Insgesamt starben dabei rund 1.300 Menschen. Die Luftangriffe auf Dresden kosteten nach Schätzungen der Historikerkommission zwischen 18- und 25.000 Menschen das Leben. Auch deshalb, weil der Bau von Luftschutzbunkern vernachlässigt wurde und man sich der Illusion hingab, eine solch schöne Stadt wie Dresden werde niemand wagen anzugreifen.

Zum Tagesabschluss kehrten wir – auch um das Heimweh nicht zu groß werden zu lassen –  im „Augustiner an der Frauenkirche“ ein.

Samstag, 17. Juni 2023

Dresden zu Fuß erkunden.
Hofkirche. 
Echt sächsisch Schlemmen.
Eierschecke.
Semperoper: Rossin‘s »La Cenerentola«

Am zweiten Tag unserer ökumenischen Gemeindefahrt erkundeten wir unter fachlich bester Führung die Altstadt zu Fuß. Wir lernten die verschiedenen Regenten und ihre diversen Vorlieben kennen. Wir wurden mit hineingenommen, wie der starke August, dem die Damenwelt zu Füßen lag, weil er mit bloßen Händen ein Hufeisen zerbrechen konnte, sein Religionsmäntelchen nach dem Wind hängte. Wir tauchten ins Nymphenbad ein und feierten in Gedanken vier Wochen Hochzeit. Wir versuchten den Schmerz nachzuempfinden, wie es gewesen sein muss, wenn der größte (Lebens-)Traum, deutscher Kaiser zu werden, versagt blieb. Wir lauschten der sagenhaften Silbermannorgel in der Hofkirche und dem rheinischen Singsang, der zuvor durch die Kathedrale zog. Wir verschätzten uns total bei der Höhe der Kerzenständer und des Altarkreuzes (2,10 m und über 4 m), besuchten zum Abschied nochmal die sächsischen Könige und erfuhren, dass sie bis heute hin und wieder schwimmen gehen, bis wir dann im Freiberger Schankhaus sächsische Spezialitäten wie Würzfleisch, Sauerbraten, Biergulasch etc. schlemmen konnten.

Den verblieben Nachmittag nutzten einige, um die beste Eierschecke im Coselpalais zu verspeisen, andere dachten, sie könnten etwas Augenlidpflege im Hotel betreiben – hatten aber nicht damit gerechnet, wie intensiv die Dresdner vom Grundrecht der Demonstrationsfreiheit gebrauch machen. Eine der 15 für diesen Samstag angekündigten Demos ging genau an unserem Hotel vorbei.

Dresden besuchen und die Semperoper links liegen lassen? Da das kaum geht, gab es Karten für Rossmini‘s »La Cenerentola«. In der sehr eindrucksvollen Semperoper trieb uns die Inszenierung, die alles aufbot, was die Theatertechnik zu bieten hat, von fliegenden Tischen, Feuerlöschern und explodierenden Sicherungskästen, Autos, die durch Glasscheiben fahren und schwebenden Menschen, Pfeilen und Briefen war alles dabei.

Einige unterzogen danach die Kneipen der Altstadt noch einer genaueren Überprüfung, andere zogen es vor, sich auf den nächsten Tag durch ausreichend Schlaf vorzubereiten

Sonntag, 18. Juni 2023

Messe in Mariä Himmelfahrt.
Panometer “Dresden im Barock”
Schloss und Schlosspark Pillnitz.
Rückfahrt mit dem Schiff zurück nach Dresden.

Der Sonntagmorgen begrüßte uns schon im Hotel mit strahlendem Sonnenschein. Nach dem reichhaltigen Frühstück ging es um 8 Uhr zum Bus, um zur Mariä Himmelfahrt-Kirche zu fahren. Hier freuten wir uns, die Mesnerin begrüßen zu können und mit etwas Verspätung miteinander Gottesdienst zu feiern. Das Bistum Dresden-Meißen feierte an diesem Sonntag ihren Bistumspatron St. Benno. Benno ist auch Patron der Altbayern und so schlug sich eine schöne Brücke von Dresden zu uns (NB: der jüngste Kindergarten in Friedberg trägt auch den Namen St. Benno).
Das Evangelium legte nahe, über die Frage nachzudenken, was trennt, was vereint und wie wir von der Trennung zur Einheit gelangen.

Nach der Messe fuhren wir weiter zum Dresdner Panorama. Da dieses in einem alten Gasometer untergebracht ist, heißt es hier „Panometer“.
Der deutsch-persische Künstler und Architekt Yadegar Asisi präsentiert an

mehreren Orten riesige Panorama-Bilder, kombiniert mit Licht- und Soundeffekten. Die runde Bauanlage eines Gasometers, also eines Gasspeichers, eignet sich gut für die 360°-Ansichten, die Asisi mit seinem Team fotorealistisch schafft. In Dresden wurden schon mehrere Panoramen gezeigt, aktuell „Dresden im Barock“, ab 2024 „Dresden 1945“.
Bevor wir in das barocke Dresden eintauchten, bekamen wir noch anhand der der Gemälde des Dresdner Vedutenmalers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, die historischen Grundlagen des Panoramas erläutert.

Danach ging es mit unserem grünen Roß weiter nach Pillnitz, dem Lustschloss August des Starken mit dem dazugehörigen Lustgarten, in dem sich schon Gräfin Cosel mit einer 10 Meter hohen Lustschaukel und diversen Wasserspielen amüsierte.
Im Schloss, das eine original ausgestattete Küche aus dem 19. Jahrhundert beherbergt und einen resraurierungsbedürftigen klassizistischen Ballsaal, feiert bis heute die katholische Gemeinde ihre Gottesdienst in der Schlosskapelle.

Der Lustgarten des Schlosses ist Heimat der über 230 Jahre alten und etwa 8,90 Meter hohen Pillnitzer Kamelie. Sie gilt als botanische Sehenswürdigkeit. 1801 wurde sie an ihrem heutigen Platz gepflanzt und ist die älteste japanischen Kamelien in Europa. Zwischen Februar bis April blühen an ihr bis zu 35.000 Blüten. Da die Kamilie nicht winterfest ist, wird ein gläsernes, klimatisiertes, 54 Tonnen schweres und 13,2 Meter hohes Glashaus über die gefahren.
Der Schlosspark hat noch viel mehr zu bieten: eine Orangerie, einen Pavillon im Englischen Garten, einen Chinesischen Pavillon, die Tritonengondel, ein Palmenhaus etc., etc., etc.

Punkt 18 Uhr mussten wir uns am Bootsanleger an der Elbe einfinden. Mit dem 1924 vom Stapel gelaufenen Raddampfer „Leipzig“, dem jüngsten Schiff der Schächsischen Schifffahrtsgesellschaft, fuhren wir zurück nach Dresden. Die beiden Schauffelräder von je 3,2 m Durchmesser kämpften sich mit rund 12 km/h durch die Elbe. 130 Liter Heizöl verbraucht die 2-Zylinder-Verbundmaschine, die mit ihren 350 PS eine Temperatur von rund 50°C im Unterdeck erzeugte. Genug, um uns die Schweißperlen auf die Stirn zu treiben, als wir – zum Ausstieg bereit – aufs Anlegen warteten.

Das Abendessen nahmen wir im Hotel ein, bevor sich die meisten, geschafft vom eindrucksvollen Tag, auf ihre Zimmer zurückzogen.

Montag, 19. Juni 2023

Kloster Marienstern. 
Bautzen (Mittagspause, Stadtführung, Gottesdienst).

Am Montag fuhren wir in die Oberlausitz, in das Gebiet der Sorben. Sorben sind eine westslawische Ethnie, die in Deutschland als nationale Minderheit anerkannt sind, eine eigene Sprache, Flagge und Hymne haben. Es gibt sorbische Schulen, Zeitungen etc.

Heute leben ca. 60.000 Sorben in Deutschland.  Während die Soeben ursprünglich mehrheitlich evangelisch-lutherisch waren, hat sich das heute zum Katholizismus hin verschoben.

Erste Station im Landstrich der Sorben war das Klóšter Marijina Hwězda (Dt.: Kloster Marienstern). Seit ihrer Gründung im Jahr 1248 ist die Zisterzienserinnen-Abtei ununterbrochen von Schwestern beseelt. Dies hat das Kloster zum einen der abgeschiedenen Lage zu verdanken, zum andern auch glücklichen Fügungen. Wie dem auch sei, dadurch blieb ein einzigartiger Klosterschatz an Handschriften, Reliquien und liturgischen Geräten erhalten, einiges davon ist heute in der Schatzkammer ausgestellt.

Heute widmen sich die zehn verbliebenen Schwestern unter der Äbtissin Gabriela Hesse neben der Pflege des Stundengebets vor allem der Behindertenhilfe. Eine große Einrichtung mit ambulanten und stationären Plätzen für Menschen mit Behinderung und eine Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung gehören zum Kloster.

Internationale Aufmerksamkeit erregte das Kloster 2017, als die damalige Äbtissin im Alter von 41 Jahre ihr Amt niederlegte und aus dem Kloster austrat. Zweifel an der Berufung als Ordensfrau gab sie damals als Grund an. So ein Ereignis bringt immer Unruhe in einen Konvent und kann – gerade wenn die Klostergemeinschaft eh nur aus wenigen Schwestern besteht – schnell existenzgefährdend werden. Aber der Konvent von Marienstern stabilisierte sich schnell wieder.

Wir bekamen einen Einblick in das strenge Leben der Zisterzienserinnen und ihrem vielfältigen Engagement heute, auch als spirituelles Zentrum für Sorben und die wenigen Katholiken des Umlands.

Die spätgotische, dreischiffige Hallenkirche mit dem markanten Gliederung in sieben Joche und der harten Abtrennung des Klausurbereichs machen die Abteikirche ebenso einmalig wie die modernen Versuche der Öffnung der Schwester zur Gemeinde und den Besuchern hin, indem ein neues Chorgestühl im Altarraum Einzug fand. Auf der alten Nonnenempore lugt das historische, kunstvoll gestaltete Chorgestühl, für uns nicht zugänglich, ein wenig hervor.

Wir konnten am Mittagsgebet der Schwestern teilnehmen und uns vom glockenhellen Klang des ihres Psalmengesangs mittragen lassen.

Im Klosterladen war für jeden etwas zu finden, von Grußkarten über Gebetshefte bis hin zum Mariensterner Klösterbräu. Die Schwestern betrieben von 1700 bis 1973 rund 273 Jahre lang eine eigene Brauerei, bis das SED-Regime ihnen dies verbot. Das heutige Bier wird in Lizenz gebraut.

Nach den Schwestern brachen wir auf, um Bautzen näher kennenzulernen. Diese Stadt mit ihren 38.000 Einwohnern ist das kulturelle Zentrum der Sorben, was man nicht nur an der Zweisprachigkeit merkt, sondern z.B. auch an den Speisekarten der Restaurants und Bistros. Leider hatte das sorbische Spezialitätenrestaurant Ruhetag, und das andere Restaurant, das sich auf die Kaninchenzubereitung spezialisiert hatte, stieß auf wenig Begeisterung. Viele von uns kehrten dann bei Soljanka, ungarischem Feuerfleisch und Thüringer Rostbratwurst ein – eine sehr gute Alternative.

Die anschließende Stadtführung war leider eher enttäuschend. Vielleicht waren auch nur unsere Erwartungen durch die hervorragenden Führungen der vergangenen Tage zu hoch. Und ja, wir wissen, dass August der Starke seine Konfession wechselte wie auch seine Frauen. Auch das Gerücht der 354 unehelichen Kinder blieb uns nicht verborgen. Und ja, wir fanden den Ungang mit seinen Mätressen ebenso schlimm wie auch sein Verhalten seiner Ehefrau Christiane Eberhardine Prinzessin von Brandenburg-Bayreuth, Kurfürstin von Sachsen und Königin von Polen, gegenüber. Über seine Mätressen wird geschrieben:

So reiste August zur Königswahl nach Polen nicht mit seiner Ehefrau Christiane Eberhardine an, sondern mit seiner damaligen Mätresse Gräfin von Esterle sowie mit seiner orientalischen Geliebten Fatima. Kurz darauf wurde Katharina Lubomirska, die spätere Fürstin von Teschen, seine offizielle Mätresse – was ihn nicht davon abhielt, Fatima zu schwängern.“

Zehn Mätressen sind namentlich bekannt, darunter auch Gräfin Anna Constantia von Cosel, die wir gestern ja im Schloss Pillnitz besser kennenlernten. 49 Jahre lang inhaftierte August sie, der er schriftlich die Ehe versprochen hatte, auf der Festung Stolpen. Sie starb dort im hohen Alter von 84 Jahren.

Im Palais ihres Sohnes Friedrich August Reichsgraf von Cosel (unehelicher Sohn August des Starken) – dem Coselpalais – verspeisten ja am Sonntag einige von uns die berühmte Eierschecke. So schloss sich für uns der Kreis.

Aber zurück nach Bautzen, das uns weniger durch die Stadtführung nöhergebracht wurde, als durch die Senfmanufaktur. Also deckten wir uns mit Bautzener Senf ein. Keine schlechte Wahl, bevor wir uns aufmachten zum Gottesdienst im Bautzener Dom.

Der Dom St. Petri zu Bautzen ist die erste Simultankirche Deutschlands. Dh. dass diese Kirche sowohl von der evangelischen wie auch der katholischen Gemeinde genutzt wird. Nach langen Streitigkeiten wurde 1543 festgelegt, dass der Chor des 1213 begonnenen Baus katholisch bleibe, wären das Langhaus evangelisch wurde.

1921 wurde das katholische Bistum Meißen mit Sitz in Bautzen vom Papst wieder errichtet und St. Petri wurde zur Kathedrale. 1980 wurde der Bischofssitz nach Dresden verlegt (Hofkirche) und Bautzen blieb Konkathedrale. Das Bistum erhielt den Namen Dresden-Meißen, mit den Bistumspatronen St. Benno, St. Donatus und …. St. Afra von Augsburg. Eine Verbindung zu uns Friedbergern, die uns gar nicht bewusst war – zum Trost: den Dresdnern wahrscheinlich auch nicht.

Irgendwie hatte es Bautzen nicht so mit uns. Denn der verabredete Gottesdienst im Dom war nicht so wie geplant möglich. Der Aushilfsmesner bemühte sich redlich, aber ohne passende Schlüssel blieb uns nichts anderes übrig, als eine Andacht um die Einheit der Christen zu feiern. So wurde der Gottesdienst zwar nicht so feierlich wie geplant, aber dennoch schön.

NB: Dem Schreiber dieser Zeilen sei eine private Bemerkung gestattet. Die Teilung des Bautzener Doms in evangelisch und katholisch wird durch ein bronzenes Gitter manifestiert. Bei unserer letzten ökumenischen Gemeindefahrt lernten wir den Wetzlarer Dom kennen, ebenfalls eine Simultankirche, die aber optisch viel verbindendere Zeichen innerhalb des Kirchengebäudes setzt. Ludwig Wittgenstein soll einmal gesagt haben: „Sprache schafft Wirklichkeit“, als wir das Divano entwickelt haben, beschäftigten wir uns mit Christopher Alexander und der Sprache der Architektur. Auch Architektur spricht und schafft so eine eigene Wirklichkeit. Denkmalschutz hin, Denkmalschutz her – auf dem Weg zur Einheit der Kirche sollten wir auf allen Ebenen eine Sprache finden, die zusammenführt und nicht Trennendes zementieren. – Ende der Notabene –

Nach dem Gottesdienst – und einem Eis auf die Hand – ging es durch zwei Montagsdemontrationen hindurch zurück zum Bus. Flugs waren wir wieder in Dresden, und das Abendessen im Hotel wartete quasi schon auf uns.

Nach dem Milchreisdessert gab es für die beiden Reiseleiter Monika Göppel und P. Steffen Brühl noch ein tolles Dankeschön der Gruppe: Schirm, Süßes und Bier sowie ein Dresdentaler gab’s für die beiden, die sich sehr freuten – sowohl über die Geschenke wie auch über diese phantastische Gruppe.

Dienstag, 20. Juni 2023

Schloss Rochlitz.
Elisabeth von Hessen.

Mödlareuth und der deutsch-deutsche Wahnsinn.

Der Text kommt bald, die Bilder sind schon da.

Allen, die an unserer gemeinsamen ökumensischen Gemeindefahrt teilgenommen haben, ein herzliches "Vergelt's Gott" für die gemeinsame Zeit, diesen ganz besonderen Geist in unserer Gruppe und die Offenheit füreinander.
Wir freuen uns auf die nächste Fahrt und auf das gestärkte Miteinander im Alltag!