Kleinod wachgeküssgt
Wallfahrtskirche St. Afra im Felde nach Renovierung feierlich wiedereröffnet
Es ist ein für die Bistumsgeschichte bedeutsamer Ort: Die Wallfahrtskirche St. Afra im Felde in Friedberg, an deren Stelle der Überlieferung zufolge die Bistumspatronin Afra vor über 1.700 Jahren das Martyrium erlitten haben soll. Bischof Bertram hat am Samstag, 14. September 2024, die Kirche nun nach mehrjähriger Sanierung wiedereröffnet – und sah im Leben der Heiligen wertvolle Inspirationen für das christliche Leben heute.
Die Bereitwilligkeit der frühen Christen zum Martyrium sowie ihre Fixierung auf das Jenseits hin erschienen uns heutigen Christen oft fremd, so der Bischof eingangs in seiner Predigt: „Wir wollen nicht ‚aufs Jenseits vertröstet‘ werden, sondern hier und jetzt in Freiheit und Selbstbestimmung leben.“ Dennoch dürfe man nicht verkennen, dass eben diese Freiheit und diese Selbstbestimmung in der Vergangenheit hart erkämpft werden mussten – und, wie aktuelle Beispiele aus der ganzen Welt zeigen – ebenso schnell wieder verschwinden können.
Frauen bis heute Opfer von Gewalt
Das Schema der Unterdrücker habe sich dabei in den vergangenen zweitausend Jahren kaum verändert. Bereits die frühesten erhaltenen Gerichtsprotokolle gegen Christen aus dem zweiten Jahrhundert zeigten in ihrer Unpersönlichkeit und Grausamkeit beängstigende Parallelen zu Schauprozessen der Moderne, wie etwa dem gegen die Mitglieder der Weißen Rose in München. „Außerdem scheint es, dass sich ein uraltes, auch tief in den sogenannten zivilisierten Kulturen der Welt verankertes Phänomen heute wieder enorm ausbreitet, nämlich, dass speziell Frauen unabhängig von ihrem Alter und nur aufgrund ihres Geschlechtes zu Opfern von Gewalt und Tod werden“, so Bischof Bertram.
Todesstrafe nicht christlich
Diese Übergriffe und Untaten müssten indes Christinnen und Christen ein steter „Stachel im Fleisch“ sein, handele es sich bei ihnen doch immer auch um einen „Angriff auf die Würde der Menschen, die die Basis der Menschenrechte ist und die für uns in der Gottesebenbildlichkeit aller Menschen gründet.“ Wie tief in uns Menschen dennoch der Gedanke der Rache und Vergeltung sitze, zeige indes die Diskussion um die Todesstrafe: Bereits 2018 habe Papst Franziskus die katholische Position der Ablehnung endgültig formuliert, und dennoch täten sich selbst viele Katholiken nach wie vor mit seiner Entscheidung schwer.
Wallfahrtskirche mit bewegter Vergangenheit
Die Narben der Vergangenheit erstreckten sich dabei nicht nur im Geist der Menschen bis in die Gegenwart hinein, sondern würden auch in der neusanierten Afrakirche sichtbar: Im frühen 18. Jahrhundert prachtvoll barock neuerrichtet, wurde die Wallfahrtskirche nach der Säkularisierung 1812 zum Munitionslager umfunktioniert. Erst Jahrzehnte später konnte es für die Kirche zurückgekauft werden: „Möge die nun neu erstrahlende Wallfahrtskirche, die in den letzten Jahrzehnten zu einer beliebten Kirche für Trauungen und Taufen geworden ist, vielen Menschen, die hier Rast machen oder einen familiären Höhepunkt feiern, die Frohe Botschaft künden, für die die heilige Afra mit ihrem Leben einstand. Amen.“
St. Afra noch immer schmerzlich aktuell
Der Friedberger Stadtpfarrer P. Steffen Brühl betont in seiner Ansprache die schmerzliche Aktualität der heiligen Afra. Sie habe als zypriotische Königstochter die Erfahrung von Flucht und Vertreibung machen müssen, als sie nach der Ermordung ihres Vaters von Zypern nach Rom flüchtete. Dort wurde sie dem Venuskult als Liebesdienerin geweiht. In Augsburg fand sie später zum christlichen Glauben und wurde während der diokletianischen Christenverfolgung im Jahre 304 auf einer Lechinsel, dort wo heute die Wallfahrtskirche St. Afra im Felde steht, der Tradition nach verbrannt. Damit mahne St. Afra unsere eigene Haltung gegenüber Geflüchteten, unseren Einsatz gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution und auch für die Glaubens- und Religionsfreiheit an, so der Stadtpfarrer.
Fußwallfahrt zu Beginn der Feier
Der Festgottesdienst hatte mit einer Statio in der Stadtpfarrkirche St. Jakob begonnen; im Anschluss hatte sich daraufhin eine Wallfahrtsgruppe von dort nach St. Afra aufgemacht. An der Feier nahmen auch Mitglieder der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft teil, die gerade in Augsburg tagten und zum Besuch in der dem hl. Jakob geweihten Friedberger Pfarrei vorbeikamen.
Anwohner stiften Marienfigur
Im Rahmen des Gottesdienstes wurde auch eine barocke Marienstatue der „Patrona Bavariae“ gesegnet, die von Bewohnerinnen und Bewohnern der an die Wallfahrtskirche anschließenden St.-Afra-Siedlung gestiftet wurde. Sie schließt damit eine Lücke, da die Kirche seit der Säkularisierung über keine Darstellung der Gottesmutter mehr verfügte. Musikalisch wurde der Festgottesdienst durch den Kirchenchor St. Jakob sowie einem Bläserensemble begleitet.
Erinnerung wachgehalten
Die Wallfahrtskirche St. Afra im Felde befindet sich an der Stelle einer früheren Lechinsel, auf der der Überlieferung nach die Heilige im Jahr 304 im Rahmen der diokletianischen Christenverfolgung den Feuertod gestorben sein soll. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Gotteshaus schwer beschädigt und daher zum 1400. Todestag der heiligen Afra durch einen barocken Neubau ersetzt, der 1712 eingeweiht wurde. Nach den Wirren der Säkularisierung, bei der die Kirche zeitweise als Munitionslager genutzt wurde, konnte sie 1877 wieder zurückgekauft und restauriert werden. 2021 wurde die Kirche aufgrund statischer Mängel gesperrt und vollumfänglich saniert; dabei wurde auch die barocke Innenbemalung weitestgehend wiederhergestellt. Heute gehört das Gotteshaus, zu dem jährlich am Afratag eine Wallfahrt von Friedberg hin stattfindet, dem Bischöflichen Stuhl und wird von der Stadtpfarrei Friedberg pastoral betreut.
Julian Schmidt/pba
und Pfarrei St. Jakob