Sankt Jakob: 50 Jahre pallottinische Pfarrei

Es ist ein Jubiläum im Jubiläum: Sankt Jakob feiert gerade 150 Jahre neue Stadtpfarrkirche und am 21. Januar 2024 feiern wir 50 Jahre pallottinische Pfarrei.

In fünf Jahrzehnten haben fünf Pallottiner in St. Jakob als Pfarrer gewirkt. Und sie haben Spuren hinterlassen. Spuren, die die Menschen damals und heute als „typisch pallottinisch“ identifizieren. Auf diesem Erbe kann die Pfarrgemeinde aufbauen, auch wenn die Zeiten inzwischen stürmischer geworden sind.

Die Linie der Pallottiner-Pfarrei ist schnell skizziert: Vom „Baulöwen“ Pater Heinz Wipfler, der das Pfarrzentrum baute und so den Grundstock für moderne Seelsorge legte, ging die Entwicklung weiter mit dem progressiven Pater Rolf Fuchs, der die Aufbruchsstimmung in der Pfarrei zu nutzen wusste und den Pfarrgemeinderat stärkte, setzte sich fort mit Pater Michael Pfenning, der heilende und annehmende Seelsorge in den Mittelpunkt rückte, und mündete vorerst in die sich öffnende Phase der Pfarrei mit Pater Markus Hau, der das Leuchtturm-Projekt „Divano“ begann, mit dem die Gemeinde sich ganz nach außen hin öffnete und das von seinem Nachfolger Pater Steffen Brühl eingeweiht wurde.

Der jetzige Pfarrer steht vor der Herausforderung, den Geist Pallottis in schwierigen Zeiten weiterzutragen, die geprägt ist von einem tiefgreifenden kirchlichen, aber auch gesellschaftlichen Wandel, der dazu zwingt als Kirche neue Wege zu gehen. Dass der Heilige Vinzenz Pallotti als Plastik aus Lehm und Stroh in der Kirchenbank sitzt, mag ein Zeichen dafür sein, dass die Gemeinde ein pallottinisches Selbstverständnis hat, und Pater Brühl ist sicher, dass dieser Geist, der vor 50 Jahren in kleinen Schritten mit dem promovierten Theologen Pater Heinz Wipfler (1974-1990) begann, weitergetragen werden kann.

Als die Zeit reif war für die Pallottiner

Es war die Zeit nach dem Konzil – zehn Jahre waren vergangen – als die Zeit 1974 reif war, dass die Pallottiner die Pfarrei an ihrem Provinz-Sitz in Friedberg übernahmen. Der Pragmatiker Wipfler erkannte sofort, dass dort Bautätigkeiten nötig waren: Die Kirchen mussten saniert werden, ein neues Pfarrhaus sollte entstehen und ein Pfarrzentrum sollte gebaut werden. Wipfler verwirklichte alles und band die Laien ein.

Als 1990 Pater Rolf Fuchs (1990-1996) kam, erlebte er „eine Pfarrei, die in den Startlöchern stand und darauf wartete, dass sie mitwirken durfte“, erinnert sich der heute 75-Jährige. Er machte den Pfarrgemeinderat zum Entscheidungsgremium, stieß Prozesse in Diakonie und Liturgie an, entwickelte mit dem damaligen Landtagsabgeordneten Georg Fendt für die Sozialstation eine zeitgemäße Form. „Mein Part war es dabei, Pfarrer und Seelsorger zu sein“, sagt er. Die Gemeinde sollte übernehmen, was die Gemeinde selbst leisten könne. Diese Gemeindeorientierung ist es, die Pater Fuchs als pallottinisch bezeichnet.

Pater Michael Pfenning (1996-2008) hat als sein Nachfolger auf dieser Gemeindeorientierung aufbauen können. Mit Neugier auf neue Entwicklungen ging der heute 64-Jährige auf seine Aufgabe zu, legte den Schwerpunkt auf Heilung und Versöhnung, organisierte Ausstellungen und ließ die Passionsgeschichte in tänzerischer Form aufführen. Anstoßen, fördern und wieder loslassen, um Weiterentwicklung zu ermöglichen: Das war Pfennings Credo.

Die Berufung aller Christen ermöglichen

In der Zeit von Pater Markus Hau (2008-2017) entstand dann die Idee, ein Café für alle Friedberger zu eröffnen, die sich nach Begegnung sehnen und das für alle Bevölkerungsschichten der Stadt offen ist: das Divano. „Weite war damals ein großes Thema“, erinnert sich der heute 50-jährige Pater Hau, der inzwischen Provinzial ist. Schon damals begannen sich kirchliche Strukturen aufzulösen und es stellte sich die Frage, wie vertiefte Gemeinschaft möglich sei und wie die Berufung aller Christen noch mehr möglich werde.

Wie geht es mit der Kirche weiter? Diese Frage stellte sich in noch größerem Maße Pater Haus Nachfolger Pater Steffen Brühl (2017 bis heute). Er sieht sich vor allem mit einem grundlegenden Wandel in Kirche und Gesellschaft konfrontiert. Beruf, Familie und Gemeindeleben unter einen Hut zu bringen, sei für viele Gemeindemitglieder zu einer Herausforderung geworden. Gleichzeitig sinke die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Pfarrei. Dennoch setzt er, noch mehr als seine Vorgänger, auf die Laien, auch in der Pastoral. Darüber hinaus schärft er das soziale Profil der Pfarrei, um auch Menschen, die keinen Bezug zur Religion haben, die Möglichkeit zum „Andocken“ zu geben. Er findet, dass die Gemeinde immer weniger auf den Pfarrer fixiert sei. Wenn eine Messe ausfalle, halten die Leute eben eine Wortgottesfeier, erzählt er.

Die Herausforderungen der Zeit sieht Pater Steffen Brühl so: „Auseinanderdriften der Gesellschaft, Vereinsamung, Verarmung und die Gefahr der Radikalisierung. „Als Pfarrei müssen wir hier als Kitt wirken“, findet der Pfarrer. Als Vision für die Pfarrei der Zukunft hat er, dass der pallottinische Geist weiterwirke, dass die Gemeinde „getragen wird von den Menschen, die hier leben und glauben“.

Pallotti-Festmesse

Das Jubiläum „St. Jakob – 50 Jahre pallottinische Pfarrei“ feiert die Pfarrei am Gedenktag des Heiligen Vinzenz Pallotti, am 21. Januar um 18:00 Uhr, mit einer Festmesse. Hauptzelebrant und Prediger ist Provinzial P. Markus Hau. Musikalisch wird der Festgottesdienst vom Kirchenchor und dem Collegium Musicum mit der Missa Sonora von Rainer Waldmann gestaltet.

Alexander Schweda